Montag, 4. Januar 2010

Lichtschweif


Hinweisschild des Tages:

Die Basler Fasnacht wirft ihre Schatten voraus. Das Comité feiert 100jähriges Bestandsjubiläum und deshalb verkehrt ab dem 9. Jänner 2010 ein FasnachtsGenDrämmli. Ich habe keine Ahnung, was das ist bzw. was da verkehrt aber dieses Pissoir-Hinweisschild finde ich schon mal einen schönen Vorboten für die närrische Zeit (22.-24. Februar).
Ob der pullernde Kasper verschiedenfarbig blinkt, muss ich noch überprüfen.

Ach ja und FasnachtsGenDrämmli mach ich auch gleich noch zum Wort des Tages.

Die nutzlose Reise

Manès Sperber: Wien eine Träne im Ozean (WTO) 1 (Seite 5-106)

1. Buch: Der verbrannte Dornbusch
Erster Teil: Die nutzlose Reise

Damit ist die Reise des Schwaben Josmar Goeben nach Wien gemeint. Josmar muss seine Lisbeth („Er hatte Lisbeth, ein proletarisches Mädchen, in der Partei kennengelernt, er liebte sie, sie liebte ihn, sie heirateten.“ S. 27) und Berlin verlassen, um als Kurier zu dienen.
Vorher aber wird er u. a. von Freitag geimpft „Die Gefahr, das ist, was wir selber tun.“ (S. 21) und es wird über die Partei und Mitleid („Wir haben uns verurteilt, keines zu haben, keines zu verlangen.“ S. 24) diskutiert. Josmar hört zu, um weiter zu geben.
Apropos Mitleid: Lisbeth! „Sie braucht viel Mitleid, doch vertrug sie es nicht, es kränkte ihren kranken Stolz.“ (S. 28) Jedoch: „Josmar, gläubig gegenüber der 'Dialektik', die alle Umwege und Fehlschläge seiner Partei erklärte, glaubte in persönlichen Angelegenheiten an einfache Tatsachen.“ (S. 28)
Eine gewisse Relly hat zwar nicht direkt dazu aber allgemein klärend zu sagen: „Was man Treue zur Sache nennt, löscht die Treue zur Person aus, die Freundschaft, die Liebe.“ (S. 34)

Im dritten Kapitel dann lernt Josmar den eigentlichen Helden des Romans kennen: Dojno Faber. Der spricht davon, dass die Gleichgültigkeit allgegenwärtig, dass sie jeder Machtherrschaft stets die sicherste Stütze sei. Ja mehr noch: „Die Gleichgültigkeit ist so furchtbar in ihren Folgen, so mörderisch wie die furchtbarste Gewalt.“ (S. 39) Worauf wissen will: „Du bist wohl ein Österreicher,...“

Im vierten Kapitel ist der Kader Andrej Bocek auf der Flucht und der kroatische Kommissar Slavko auf der Jagd. Slavko ist das personifizierte Böse. „Diesmal bekam er den Wutanfall langsam, in Etappen, er ohrfeigte keinen seiner Untergebenen, er teilte nur Rippenstöße aus.“ (S. 55) Er sauft, mordet und schimpft („Kaltscheißer“). Er ist opportun, hinterhältig und ergo als guter Polizist immer zu gebrauchen. Er selbst über seine Karriere:
„Wenn ich ein geduldiger Mensch wäre, der warten kann, daß sein Weizen blüht, ja, Bruder, wäre ich da ein solches Scheusal geworden, der Schlächter der Serben, der Verräter der Kroaten, der Folterer der Kommunisten und Terroristen?“ (S. 64)
Bocek wird erschossen, der Mord dem Serben Maritsch angehängt, der dann ebenfalls sterben muss. Beim Begräbnis von Bocek kommt es dann zu Ausschreitungen. „Die Bauern setzten Staatsgebäude in Brand, sie jagten die Gendarmen wie die Hasen und töteten die wenigen, deren sie habhaft wurden, wie die Ratten.“ (S. 77) Slavko wurde ab- und wieder eingesetzt und sorgte für Ordnung.

Im sechsten Kapitel lernt Josmar den Dichter Djura kennen, er mag ihn nicht. „Josmar hatte sogar Mühe, ihn zu duzen, wie es unter Kommunisten üblich war.“ (S. 81) Dichter war auch der Vater von Mara. „Sie war in diesem Lande der erste weibliche politische Häftling, an dem die neuen Foltermethoden angewandt wurden.“ (S. 86) Bei Mara, die Betsy genannt wird, lernt Josmar noch eine französisch parlierende Genossin – einen „Koloss in Samt“ - kennen und schon wieder wer (Hrvoje Brankovic) auf der Flucht erschossen.
„Nach Berlin zurückgekehrt, berichtete Josmar sehr ausführlich, was er erlebt hatte. Sönnecke empfahl ihm, bei der Abfassung des schriftlichen Berichtes viel kürzer zu sein, systematischer, der Linie viel mehr Rechnung zu tragen.“ (S. 105)
Nein, kürzer geht nicht. 100 gelesene Seiten noch mehr einzudampfen, ist bei meinem Hang zum Epischen nicht drinnen. Weil aber im Gelesenen noch so viel drinnen steckt, hier eine in diverse Kategorien aufgedröselte Auswahl.

Wahrheit des Tages (bzw. der ersten 100 Seiten): „Aus Mitleid wird man vielleicht ein Sozialdemokrat.“ (S. 23)

Weisheit des Tages: „Und die Klugheit macht einen dumm, wenn man sie als Waffe gegen die Weisheit einsetzt.“ (S. 100)

Phrase des Tages: „Einzelne können die Partei verraten, aber die Partei verrät nicht.“ (S. 65)

Diminutiv des Tages: Zorule „Noch war es der erste Morgendämmer. Die Slawen hatten für ihn einen Diminutiv, sie nannten ihn zärtlich Zorule.“ (S. 26)

Zweifelhafte Tugend: Selektive Treue „Immer wenn die Zeit, doch nicht der Mensch für große Entscheidungen reif ist, kommt dies sonderbare Treue in Kurs.“ (S. 42)

Wortdiskurs: Immer „Immer – das gibt es nicht. Außer für die Gläubigen.“ (S. 44)

Vertraute Situation: „Sie mußte das Gesagte wiederholen, was sie beschämte und trotzig stimmte, und nun sprach sie alles mit unwirscher Deutlichkeit aus.“ (S. 17)

Zu klärende Fremdwörter:
Paladine: Ein Paladin (Plural Paladine, von lat. palatinus) ist ein mit besonderer Würde ausgestatteter Adliger, meist ein Ritter.
Komitadschi: Als Komitadschi oder Komiti werden Mitglieder einer politische Untergrundbewegung oder revolutionären Komitees bezeichnet. Das Wort leitet sich von dem bulgar. Комитет/Komitet oder türk. komita für Komitee ab.

Wie eine Träne im Ozean

„Allerdings dünkt mich alles, was ich schreibe, Stückwerk – Bruchteile eines Ganzen, das abzuschließen mich der Tod hindern wird, sofern Krankheit, Müdigkeit oder Verzicht nicht vorher dem schriftstellerischen Abenteuer ein Ende setzt.“ (S. 5),
schreibt Manès Sperber im Vorwort der Romantrilogie Wie eine Träne im Ozean, nachdem der militante Humanist (der 1983 mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet wurde) 1035 Seiten zu Papier gebracht und 11 Jahre an diesem Werk gearbeitet hatte.

Kein Leit- aber auch kein schlechter Satz. Ich werde mich nicht daran aber auch nicht nicht daran halten und das Buch (das eine Empfehlung des Buchhändlers meines Vertrauens ist www.literaturbuffet.com) im Laufe des Jänners lesen und hier aufbereiten.
Im Februar folgt dann die nächste Schwarte.

Sperber beschreibt in Wie eine Träne im Ozean die politische Landschaft Europas zwischen 1930 und 1945. „Im Mittelpunkt steht das geistige Abenteuer des revolutionären Menschen, eines Typs, der aus dem 20. Jahrhundert nicht mehr wegzudenken ist.“

Sperber (*1905 in Zablotow/Ostgalizien) verbrachte seine Jugend in Wien und lebte von 1933 bis zu seinem Tod 1984 in Paris. In den zwanziger Jahren stieß er zur Kommunistischen Partei, 1937 trat er aufgrund der stalinistischen Säuberungen wieder aus und begann zu schreiben.

Ich beginne am 3. Jänner 2010 um 18 Uhr 07 zu lesen. Noch was. „Wer hier teilnehmen will, muß seinen Teil geben: wahrhaft mitwirken;“ (S. 6), heißt es ebenfalls im Vorwort.
Nun, da bin ich nicht so streng, über Kommentare aber freue ich mich sehr wohl.

Zum Kleinen Markgräflerhof


Angekommen. Ausgepackt. Online.
Beste Arbeitsbedingungen. Schönstes Wetter. Sonntag, der 3. Jänner 2010.

TAG 1
Basel Basics (BaBa)
Erstmal ein paar Fragen.

Unter Wissenswertes will mir mein Wallpaper City Guide in der Kategorie Bücher (weiterführende Literatur?) Steppenwolf von Hermann Hesse andrehen.
Warum bloß? Ich weiß es nicht.

In der Kategorie Preise erfahre ich, dass eine Flasche Champagner in Basel 63 € kostet.
Warum bloß? Ich weiß es nicht. Ich weiß ohnehin noch kaum etwas über Basel.

Rhein, Chemie, Dreiländereck.
FC Rot-Blau, Buch- und Art-Basel.

Das war's schon. Den 24-Stunden-Das-beste-der-Stadt-in-einem-Tag-Routenvorschlag nehme ich trotzdem nicht an, da schlägt mir mein schlaues Büchlein nämlich allen Ernstes vor „wo sie gerade in der Stadt sind“ vielleicht doch mein „Portfolio“ auszubauen und „ein Schweizer Bankkonto bei einer der traditionsreichen Privatbanken, etwa bei Julius Bär & Co zu eröffnen.“ Warum bloß? Ich weiß es nicht.

Ich denke, die Kurse dieser Privat Bank Juliuse stehen nicht besonders gut. Ich denke auch, dass es in den nächsten Monaten für mich finanziell nichts auszu-, sondern nur massiv abzubauen gibt. Aber egal, die Stadt scheint es wert zu sein.

Lyrischer Kommentar zum Foto des Tages: Schreitbaggerarbeiten

Schreite mit Breite!
O Bagger erschaufle dich unser!