Sonntag, 31. Januar 2010

Ozeanträne

Manès Sperber: Wien eine Träne im Ozean 12 (Seite 877-964)

Edi ist zu allem entschlossen. Frau und Kind wurden von Frankreich nach Polen deportiert und vergast. „Dem, der er gewesen war, glich er nicht mehr, sein Gewissen war betäubt. Er ging darauf aus, denen zu gleichen die er haßte, im Untergang sich ihrer Welt einzuverleiben.“ (S. 891) Edi sucht die Unterstützung des Rabbis „man nannte ihn gewöhlich Zaddik, den Gerechten, oder auch den Wolynaer“ (S. 884) Der aber sagt:

„Wir sind das einzige Volk der Welt, das nie besiegt worden ist. Und weißt du, warum, Ephraim ben Mosche? Weil wir allein der Versuchung widerstanden haben, zu werden wie der Feind.“ (S. 892)

Edi hat keine Ohren mehr für Argumente, er will kämpfen, auch wenn es aussichtslos, für nichts ist. Und während Roman versucht, heraus zu finden, ob er in Jadwiga verliebt ist – „Vielleicht ist alles nur Einbildung, und ich liebe sie gar nicht – Gott, das wäre schön!“ (S. 934) – kommt es zum Gemetzel der Mannen um Edi und der polnischen Partisanen. Jusek hat dafür eine einfache Erklärung: „Es ist die Schuld der Juden, sie haben provoziert.“ (S. 936) Nur Edi, Bynie und Rojzen haben die Schlacht im Stollen überlebt. Roman ist sich seiner Schuld bewusst und bringt sie in einem Kloster zur Pflege unter. Dort vollbringt Bynie kleine Wunder, bevor er stirbt. Die Wunder bringen ihm und Rojzen etwas Geld ein. Rojzen setzt sich nach Südamerika ab. Bynie zu Edi:

„Versucht einmal, eine Schlacht zu beschreiben, und Ihr werdet merken, daß alle diese Taten zusammen so wenig bedeuten und so gestaltlos sind wie eine Träne im Ozean.“ (S. 947)