Sonntag, 18. Juli 2010

Der Meerfreischneider

Ich sah auf das Meer.
Da wellte sich was.
Schlecht verlegt, dachte ich.
Schäumt ja vor Wut. Wirft sich hoch, schlägt Falten.
Rausschneiden und neu verlegen, dachte ich.
Klarer Fall von Pfusch.
Stanleymesser her: Reinstechen, rausfetzen, neu machen.
Farbe kann ruhig bleiben. Blaugrün ist ja dankbar.
Wer ist der Zuständige für diesen Wellenwurf?, fragte ich.
Und mit Verlaub, ich verspreche Besserung.
Ja, ich habe Hand, Fuß und Sachverstand.

Hab schon zigmal Meer verlegt.
Kommt man ja nicht umhin als weltgewandter Mensch.
Ist ja zu zwei Drittel blau die Welt.
Der Rest ist Hoffnung, jaja.
Mehr als ein Rauschen war nicht zu vernehmen.
Seltsame Person, dachte ich, soll doch froh sein, dass sich wer kümmert.
Nur im Sand verläuft sich ja alles von selbst.
Wer mehr will, braucht Pflege.
Ich diene mich an, ich bin bereit, sagte ich.
Ich zückte mein Messer, der Boden zuckte.

Schlecht verlegt und schreckhaft, dachte ich.
Klarer Fall von Gewissensbissen.
Vielleicht gleich mit dem Freischneider behandeln, dachte ich.
Ich startete Freund Freischneider, gab Gas und sprach:
Ich erlöse dich von deinen Sünden, Umständen und Grundverhaftungen.
Mach dich frei, lass los, heb ab!
Meerspäne und Gischtfetzen flogen, Sandbänke wurden auf die Plätze verwiesen, der Horizont plan gehobelt und Strandgut trat die Stelle von Universalunheil an.
Im Urlaub darf man sich die Landschaft schon zurecht rücken, dachte ich, denn:
Der Urlaub ist ein Spiel- und Handlungsfreiraum.
Was ja schon fast aphoristische Qualitäten hat und somit als Moral herausgehoben werden kann.

Eine Schlusspointe vielleicht?
Strandgut, Sandbank und Sonnensegel machen Urlaub am Bauernhof.
Strandgut schleppt Buttermilch ab, Sonnensegel Strohstreu und die Sandbank bleibt auf der Sackkarre hocken. Gemeinsam machen sie sich ein Fass ohne Boden auf, lassen die Schwarte krachen, die Sau raus und die Sonne rein. Alle sind erleuchtet und erkennen sich gegenseitig. Worauf eigentlich nichts mehr folgen kann.
(Fortsetzung folgt)