Dienstag, 29. November 2011

Das große Namenslos gezogen


Über den Namen Wimmer bin ich schon immer gern gestolpert. Wimmer gibt es viele und hat man nicht besonders witzige Eltern, so wird man nicht mit der einen, wirklich schlimmen Wimmer-Namens-Kombination für immer gebrandmarkt. Rainer Wimmer. Dass es einen Rainer Wimmer geben muss, war mir klar. Rainer Wimmer klingt kläglich und weich und was macht dieser Rainer Wimmer? Er ist nicht Bestatter sondern Gewerkschafter (Berufsnörgler im positiven Sinn, wenn man so will). Welcher Gewerkschaft? Der Metaller Gewerkschaft. Besser hätte er es mit seinem Namen kaum treffen können. Man stelle sich vor er hieße Rainer Knüppel oder Ernst Prügel. Nein, Rainer Wimmer wird sein Namenslos in Verhandlungen sicher geschickt einzusetzen wissen. Möge die Macht des sprechenden Namens gering sein, dem Rainer Wimmer sei Hammerdurchschlagskraft gegönnt.

Donnerstag, 17. November 2011

Linkes Rechten

UNGLÜCKLICHE HEIMATLIEBE

Als es dich
nicht mehr gab,
hatte ich
Sehnsucht nach dir.

Nun es dich
wieder gibt,
habe ich sie
erst recht.

Als es dich
nicht gab,
verging ich
vor Weh nach dir.

Nun es dich
wieder gibt,
vergehtst du dich
an meinem Weh.

Das ist ein Gedicht von Arthur West aus dem 1988 in der Herbstpresse erschienenen Band "LINKES RECHTEN. Gedichte an und für Österreich". Arthur West wirde heute im Rahmen von Slammer.Dichter.Weiter. Thema sein und von Mieze Medusa rezitiert und weiter geschrieben werden.
Arthur West wurde 1922 als Arthur Rosenthal in Wien geboren, 1938 vom Schulunterricht ausgeschlossen und musste 1939 nach England emigrieren. Dort arbeitete er ein Jahr lang in einer Schuhfabrik, ehe er auch in England als "feindlicher Ausländer" nicht mehr erwünscht war und nach Australien deportiert wurde. Ein Jahr später wird er rehabilitiert und kehrt nach England zurück, um dort u. a. als Metalldreher und Zuschneider in einer Gürtelfabrik zu arbeiten.
1941 engagiert er sich auch in der Jugendorganisation österreichischer Emigranten in England, 1942 wird er Mitglied des Kommunistischen Jugendverbandes.
Er lernt Exilautoren kennen, erste Texte erscheinen, 1943 meldet er sich freiwillig in der Britischen Armee gegen den Nazi-Faschismus zu kämpfen. 1946 gewinnt er den ersten Literaturpreis und kehrt nach Wien zurück.
Arthur West arbeitete als Lektor, Fremdsprachen-Korrektor, Kulturredakteur (1969-1982 Volksstimme) und Autor. Das erste Buch "Die Große Selbstverständlichkeit. Lyrische Suite" erschien 1955, in den 1980er Jahren folgten weitere. 2002 unternahm die Edition Schwarzdruck den "Versch eine Werkausgabe" in drei Bänden.

Dienstag, 15. November 2011

Gezeichnete Geschichten


Neulich hab ich mal was für mich ganz Neues gemacht. Ich habe eine Comic-Lesung im phil moderiert. Man könnte auch sagen eine Doppel-Graphic-Novel-Buchpräsentation. Das mit den Bezeichnungen ist auf diesem Gebiet schon mal nicht ganz einfach. Jedenfalls ging es um zwei Comic-Autorinnen-Debüts aus dem Berliner Reprodukt-Verlag. Um "Alien" von Aisha Franz und "rpm" von Martina Lenzin.
Die Geschichte von Aisha Franz dreht sich um drei Frauen. Um die mehr oder weniger alleinerziehende Mutter, die ältere und die jüngere Tochter. Die jüngere wird schlicht "Mädchen" genannt und ist grad in der Pubertät. Die ältere hat die Schule abgeschlossen und macht grad erste sexuelle Erfahrungen und die Mutter scheint bereits mit ihrem Leben abgeschlossen zu haben und bemerkt, dass sie sich in einem Hamsterrad befindet, aus dem sie wohl nicht mehr raus kommt. Das alles spielt in einer bleistiftgrauen Reihenhaussiedlung in einer beliebigen Kleinstadt.
Das klingt trister als es ist, es geht schon nahe, berührt, macht aber oft auch schmunzeln, weil man sich oft ertappt fühlt. Franz trifft Gefühle und Erinnerungen die man kennt und setzt diese schlicht und einfach aber stimmig und überzeugend um. Gerne zeichnet sie Wangen, Wiesen und Rauchwolken, omnipräsent sind auch Zäune. Ja, es ist schwer für die drei auszubrechen, ja, alle drei flüchten sich in eine Parallelwelt. Das Alter-Ego der Mutter steigt aus dem Fernseher und ist super erfolgreich, die ältere Tochter träumt sich in die Kindheit zurück und Mädchen hält sich ihren Alien für diverse Experimente. Erwachsen werden und erwachsen sein auf einzigartige Weise gezeichnet und getextet. Empfehlung!
Aisha Franz hat in Kassel Visuelle Kommunikation studiert, Alien ist ihre Abschlussarbeit und mittlerweile ist sie Neu-Kölnerin. Mehr auf www.fraufranz.com