Donnerstag, 8. November 2012

Flieg Baby, flieg!

Komm, hüpf auf Pegasus Schwingen und lass dich entführen in den Himmel voller Geigen, Vögel und Kindheitserinnerungen. Schnapp dir ein Buch, träum dich raus aus der Wirklichkeit, erheb dich über die Realität. Ja, Literatur kann das! Ja, Literatur arbeitet mit Bildern, Pathos und Schmiermitteln. Nein, das ist kein Leseförderungs-Kampagnen-Text, das ist ein Buchbesprechungs-Teaser „Für den Herrscher aus Übersee“.
Teresa Präauer wurde (1979) in Linz geboren, lebt in Wien, hat Malerei und Germanistik studiert, beispielsweise das Kinderbuch von Wolf Haas „Die Gans im Gegenteil“ illustriert und ihr Romandebüt „Für den Herrscher aus Übersee“ wurde neulich mit dem Aspekte-Literaturpreis ausgezeichnet. Bereits 2009 wurde sie mit „Taubenbriefe von Stummen an anderer Vögel Küken“ (Edition Krill) auffällig und demonstrierte ihr Faible für Vögel. Im Roman nun wird vollends durchgestartet, abgehoben und der Phantasie Flügel verliehen.

Zwei Kinder alleine zu Hause. Die Eltern auf Reisen. Als Lebenszeichen gibt es täglich eine Ansichtskarte von irgendwo. Der Großvater ist die alleinige Bezugsperson und liest vor, nein, interpretiert und erzieht auf seine Art und Weise, hat aber auch Flugzeuge und Beziehungen zu reparieren.  
Es geht ums Fliegen. Es geht ums Fabulieren. Es geht ums Einnehmen von unterschiedlichen Perspektiven und es geht natürlich auch um einen Großvater, der sich die Welt zurecht rückt, sein Lebensbild bunt pinselt und versucht, dieses seiner Enkelin und seinem Enkel weiter zu geben.
Ich sage euch ein Beispiel, das ihr nicht notieren müsst: Es kann einen großen, bösen Vogel geben, was aber nicht heißt, dass der kleine gut ist und umgekehrt. An beide sollt ihr zweitens, und das schreibt ihr wieder mit, nicht letztgültig euer Herz hängen. Hoffen und Erinnern, drittens, gehören zum Leben, es besteht aber zu größten Teilen aus dem Sein. Hier macht ihr einen Unterpunkt: Das Sein besteht aus Essen, Schlafen, Trinken und Fliegen. Alles andere folgt daraus.“ (S. 90f)

Das Ganze hat den Anstrich eines Märchens und wie es in Märchen so üblich ist, rollen zwischendurch schon auch mal Köpfe aber das Happy End ist gewiss. Das geopferte Huhn dient dazu, große Lebenslehren vermittelt zu kriegen, die Japanerin ist das große Sehnsuchtsbild und dann ist da noch die Fliegerin, die könnte das Konzentrat aus allen im Buch handelnden und das Buch lesenden Köpfen sein.
Sprachlich schnurrt das tadellos dahin. Im Vortrag gewinnt das nochmals mehr. Weh tut "Für den Herrscher aus Übersee" niemanden, gut vermutlich vielen, womöglich ist dieser Roman sogar ein Vorlesebuch für jung und alt und das ist – zumal Weihnachten naht – viel wert.