Freitag, 18. Januar 2013

Innenlebenfreiheit rules!

Köln, Domnähe, farbliche Covernähe zu Holtrop
Weil ich ja „Johann Holtrop“ von Rainald Goetz nicht besprochen habe, sei hier wenigstens aufgezeigt, was er selbst über den Roman, die Arbeit daran und die Rezeption zu sagen hatte.
Meine Idee war immer, es wird nur das gesagt, was der Leser noch nicht weiß“, sagt Rainald Goetz also im Zeit Interview. „Ich beschreibe eben nicht die gemütliche Art des Lesens, sondern ich beschreibe die reale Art des Erlebens.“
Er habe versucht, die implizite, als Gedanken nicht explizit ausgewiesene, Gedankenrede immer von außen zu schreiben. Er wollte einen Roman schreiben, der nicht mit irgendwelchen äußerlichen theaterhaften Gesten experimentell zu sein versuche, sondern innerlich. „ (…) nach außen hin ist es super simpel; aber im Inneren, heimlich: formal experimentell.

Um was es geht? „Es geht immer um Weltaufschließung, um Realitätserfassung, um Komplexitäts-, um Widerspruchsreichtum.“ Und dazu ist Wut gut, findet Goetz.
Goetz hasst es, wenn vom Erzähler verlangt wird, seine Figuren nicht zu bewerten. Mit großer Freude macht er da etwas Verbotenes. „Ich wollte das anders machen, weil mir diese Regeln nicht einleuchten, weil ich selber ein direkter Mensch bin. Weil ich selber es nicht gern habe, wenn untergründig mir was mitgeteilt wird. Das mag ich nicht. Auf der ersten Seite ist das Prinzip des Romans offengelegt.“

Goetz hat durch die Rezeption gelernt, dass der realistische Roman die Regeln des realistischen Romans nicht so offensiv verletzten darf, wie er das absichtlich machte. Der realistische Roman müsste – so Goetz – seine innere Experimentalität besser verstecken. Wobei die Hauptidee für die Figuren im Roman ja eben sei, dass sie innenlebenfrei dargestellt werden. Und wie geht er mit der Kritik um? „Wenn man zu sehr auf Kritik reagiert, verliert man den richtigen Fehler, der ein dem eignen Naturell entsprechender Fehler ist.“

Donnerstag, 10. Januar 2013

Top 20 Berufe 2013

Gestern habe ich gelesen, dass es neuerdings eine Fußgängerbeauftrage gibt in Wien. Das ist schön und ein toller Beruf. Hier meine Top 20 der Berufe 2013 in aufsteigender Reihenfolge:
Wehrpflichtvolksbefragungsberater
Zölibatzerfickerpater
Katastrophenzeitsoldatenschützer
Lawinentrittbrettfahrtbenützer
Zeitungsinseratekanzler
Societyheinzelmännchenumschwanzler
Gutachtenverbesserungskonsul
Spindoctordemontierungsmodul
Wohnbaufondverzocker
Bügelfaltenhosenrocker
Politanfütterungsverhüter
Großechancejurytatatatatüter
Geheimdienstschlussverkünder
Lobbyhobbyjagdclubgründer
Baumgartenabfallproduktversüßer
Geschlechtsverkehrsparklückenbüßer
Parlamentsstronachzügler
Eurofightergegengeschäftsbeflügler
Parkpickerlzonenerweiterer
Poetryslampublikumerheiterer

Donnerstag, 3. Januar 2013

Trashclockworker


Diese Tage rund um Neujahr sind ja auch so die Tage, um Altlasten abzuarbeiten. Zum Beispiel grab ich mich grad durch die Berge auf meinem Schreibtisch und finde das eine oder ander Buch. Zum Beispiel: Uhrmacher von Andy Strauß. Schön ist, dass man momentan ja kaum was zu tun hat, man also sich gleich in Gefundenes vertiefe und loslesen kann. Alle, die irgendetwas mit Poetry Slam zu tun haben, werden Andy Strauß kennen, den anderen versuche ich erst gar nicht, ihn zu beschreiben. Andy Strauß ist ein Phänomen, das muss genügen und er stlammt nicht nur, sondern macht jede Menge Bücher. Zuletzt eben den Roman "Uhrmacher" (Unsichtbar Verlag).
Hat er gut gemacht diese Genre-Trash-Persiflage. Ein Erzähler, der nicht nur kommentiert, sondern auch eine Rolle spielt. Ein Held, der anders tickt. Eine abartig Dicke, die für allerhand Schweinkram herhalten muss. Ein durchgeknallter, reicher Esel, ein paar Running Gags, ein paar ins Leere laufende Handlungsstranblindgänger, ein paar fabelhaft phantasierte Geschichten rund um populärwissenschaftliche Skurrilitäten. Ein bissi Horror, Splatter, Schauermärchen. Ein bissi Sex, Suspense, Bespitzelei und immer den Pfad mit Kaninchenschlupfloch gewählt. Schier manische Beschreibungslust und pervertierte Detailversessenheit mit kalkulierten Brüchen. Unterhaltsam, abgedreht, selbstbewusst anders, mutig trashig.
Ein Genrebastard mit unvorhersehbaren Wendungen, Lust am Spiel mit Lesegewohnheiten sowie Leseerwartungen und guten Schlüssen.

Dienstag, 1. Januar 2013