Samstag, 5. April 2014

Schokomasse und Bergmassive - oder die Kunst der Verführung bei Bergers zu Lofer

Temperierrohr oder der Schokoquell
Wir fahren von Salzburg Richtung Lofer. Machen eine Ehrenrunde im Walser Kreisverkehr. Da steht nämlich ein Walser Birnbaum in einer Art Calimero-Schale. Wir fahren vorbei an vielen Betrieben, an Zäunen hängen Werbebanner mit Anzugmännern die Festnetz-Tastentelefonhörer ans Ohr halten und sich als diverse Versicherungsmakler präsentieren. Wir passieren einen Trödelverkauf, eine Forellenräucherei, ein Landratsamt, ein Bergwachtsheim. Tiere, die wir nicht kennen, weiden im Grün. Wir überqueren dauernd Gewässer, die Unkenbach, Saalach und Schwarzbach heißen. Wir kurven uns voran. Schilder amüsieren uns. Es geht nach Schneuzelreuth, zum Kniefpass, zum Röhrenwirt. Hangsicherungsgitter bewahren uns vor Steinschlag, nicht aber vor Steinmauern.
Mieze beim Hasenguss
Die hat man gern hier. Fensterumrandungen sind hier offenbar auch ein Muss. Es gibt aber auch nackte, neue Häuser. Die sind dann schnittig modern in Reihe mit Tiefgarage und Grasbalkondeko oder sonst irgendwie trendig kunst-am-bauig. Es reichenhallt. Da ein Waffeneck, dort das Café Bobo's, Deppenapostrophen dort und da, Schiständer auch. Die Fleischhauerei heißt Rass und der Familientagespass kostet 82 Euro. Rundherum – klar – Berge: die Reither und die Lofer Steinberge mit dem Reifhorn (2504 m) in der Mitte. Das gibt sich matterhornig, schneebedeckt und exponiert. Der Ort hat noch Läden keine klassischen Vorstadt Fressnapf-Drive-in-Baumax-Gebäudekomplexe. Unser Ziel ist die Firma Berger (feinste Confiserie). Unser Vorhaben ist eine Fotostrecke. Unsere Aufgabe Osterhasen herzustellen.
Wir (dem mit dem Doppelkinn, die mit dem Doppelsinn) produzieren Schokoladenhüter -
 Wir machen das in schokobraunen Mänteln und in weitgehender
Lachende Hasen und lauernde Formen
Unkenntnis des Prozesses. Wir lernen aber schnell. Schokolade fließt und härtet schnell. Wir arbeiten langsam. Wir sind keine Schminkroboter. Wir pinseln händisch mit weiß, braun, grün, oranger Qualitätsschokolade. Die Formen sind negativ und spiegelverkehrt zusammenzuklappen. Das erfordert schon Umdenken genug. Wir tupfen, verstreichen und streifen Hasen, wir malen uns fette Blumen aus und verleihen Schlappen Ohren Pfiff. Wir verlieben uns in das Temperierrohr (das ist eine nie versiegende Schokoladenquelle, ein Schokobrunnen im Loop). Wir verlieben uns generell in Wörter: Schokoladenfladen, Knuspernougatmänner, Knallbrausenhase. Wir füllen die Formen großzügig. Wir sind nicht die Gramm-, wir sind die Kilo-Klasse. Wir haben ein Faible für die Rüttelplatte, die die Hasen hoppeln und die Form auskleiden lässt, die Schokoschleuder erinnert uns an Prater-Attraktionen - „Jetzt geht’s up and down und hoch und her und rauf und runter und munter weiter bis zum Magen Bruch!“ - nur beschert die Schokoschleuder den Hasen ihre generelle Hohlheit, wohingegen
Mieze malt
Prater-Attraktionen maximal für Magenfreiheit sorgen. Wir geben den Hasen Zeit, zum hart werden und verbeißen uns einstweilen in Konfekt und alkoholische Eier. Wir schauen angehenden Pralinenmeisterinnen beim Mandelsplitterstreuen und Verpackerinnen beim Zellophaneinschlagen zu. Wir dringen in den Bürotrakt ein, Anschauungsobjekte unter Glasstürzen, Bürokräfte vor Bildschirmen, im Eck das Besprechungszimmer mit rundem Tisch und freier Sicht auf die Bergmassive. Wir sind überwältigt, obersgetrüffelt und voll edel satt. Couchierte man uns jetzt, wir wären feinste Masse, Walzengut bester Qualität. Wir werden informiert, beschenkt und betütet. Wir schütteln Chefitäten-Hände wie vorher Hasenformen. Wir fühlen uns bestens behandelt und lassen uns im Verkaufsraum verführen. Wir kaufen Geschenke für mehr Freunde als wir haben, aber wir haben Freude und noch was vor.
Der bekennende Grobmotoriker schaut zu und ist um Schadensbegrenzung bemüht
 In Wals wartet die Ostereierbemalerin, in Salzburg der Wetterhahnherstellmann. Hase – Eier – Hahn – Firma – Frau – Mann.
Eine runde Sache, ein bunter Ostertrip, eine Fotostrecke mit Mieze Medusa und Markus Köhle am nächsten Donnerstag im Magazin ihres Grauens: NEWS