Mittwoch, 21. Dezember 2011

Endzeitstimmung


Regen im Jänner. Regen im Jänner in einem Dorf in den Bergen. Regen, Regen, Regen und die "Hänge braun wie Kuhscheiße" (S. 50).
Wir befinden uns wieder in einem Dorf in den Schweizer Bergen. Großraum Graubünden. Wir befinden uns wieder in der Welt von Arno Camenisch, der mit "Ustrinkata" seine Bündner Trilogie beendet. Auf das zweisprachige "Sez Ner" folgte "Hinter dem Bahnhof" und nun ist Schluss, es muss ausgetrunken werden, die Stammkneipe - "Helvezia" - sperrt zu, nocheinmal alle Rohre fluten, trinken und erzählen was geht.

Wer trinkt, geht nicht unter. Wer erzählt, geht nicht heim. Wer am Stammtisch sitzt, den kennt man und was man nicht kennt, kann nichts Gutes sein.
Viel ist schon hereingebrochen über das Dorf: Unwetter, Steinschlag, Grenzverletzungen, Städter, Sodomisten; Mit allem ist man irgendwie fertig geworden, aber dass der Frisör Alex ausgerechnet heute, am letzten Tag, kein Bier trinken will, ist ein starkes Stück. Dabei geben doch alle anderen ihr bestes.
Silvia raucht eine Select nach der anderen und bechert mit Schnaps versetzten Caffefertic als gäb's kein Morgen, Luis fröhnt dem Quintin, Otto -der mit dem Bart wie eine Schaufel - und Gion Baretta stellen einen Kübel nach dem anderen runter, Flachmannschüsse veredeln auch hier den Stoff und die Luft wird von Brissagos und den Mary Longs geschwängert, letztere kettenraucht die Tante, die auch serviert. Schwer zu glauben, aber das ist ein Endzeitszenario.
Der Himmel scheint zu brechen und auch die Dämme der Trinkenden in der Helvezia.
Die Stimmung ist heiter bis wolkig, mehr geht nicht. Da blitzt zwar jede Menge Sonniges und "Farructs" aus vergangenen Tagen auf, aber dass es keine Zukunft für die Helvezia gibt, ist besiegelt.
"Ustrinkata" ist ein rotes Tuch für Lesende, die sich nicht auf Camenischs originellen Sprachenmix einlassen wollen. "Ustrinkatat" ist ein rotes Buch, das Lesenden einen schönen Nachmittag beschert, egal, ob es draußen regnet, schneit oder stürmt und egal auch, ob es in einem trocken ist oder katerbedingt brennt. "Ustrinkata" ist ein leicht verdaulicher Happen Camenisch. "Ustrinkata" ist ein Reperaturseidel für sehnsüchtig, nostalgische Seelen. "Ustrinkata" kann man, so betrachtet, getrost nicht Literaturverachtenden empfehlen.

Dienstag, 29. November 2011

Das große Namenslos gezogen


Über den Namen Wimmer bin ich schon immer gern gestolpert. Wimmer gibt es viele und hat man nicht besonders witzige Eltern, so wird man nicht mit der einen, wirklich schlimmen Wimmer-Namens-Kombination für immer gebrandmarkt. Rainer Wimmer. Dass es einen Rainer Wimmer geben muss, war mir klar. Rainer Wimmer klingt kläglich und weich und was macht dieser Rainer Wimmer? Er ist nicht Bestatter sondern Gewerkschafter (Berufsnörgler im positiven Sinn, wenn man so will). Welcher Gewerkschaft? Der Metaller Gewerkschaft. Besser hätte er es mit seinem Namen kaum treffen können. Man stelle sich vor er hieße Rainer Knüppel oder Ernst Prügel. Nein, Rainer Wimmer wird sein Namenslos in Verhandlungen sicher geschickt einzusetzen wissen. Möge die Macht des sprechenden Namens gering sein, dem Rainer Wimmer sei Hammerdurchschlagskraft gegönnt.

Donnerstag, 17. November 2011

Linkes Rechten

UNGLÜCKLICHE HEIMATLIEBE

Als es dich
nicht mehr gab,
hatte ich
Sehnsucht nach dir.

Nun es dich
wieder gibt,
habe ich sie
erst recht.

Als es dich
nicht gab,
verging ich
vor Weh nach dir.

Nun es dich
wieder gibt,
vergehtst du dich
an meinem Weh.

Das ist ein Gedicht von Arthur West aus dem 1988 in der Herbstpresse erschienenen Band "LINKES RECHTEN. Gedichte an und für Österreich". Arthur West wirde heute im Rahmen von Slammer.Dichter.Weiter. Thema sein und von Mieze Medusa rezitiert und weiter geschrieben werden.
Arthur West wurde 1922 als Arthur Rosenthal in Wien geboren, 1938 vom Schulunterricht ausgeschlossen und musste 1939 nach England emigrieren. Dort arbeitete er ein Jahr lang in einer Schuhfabrik, ehe er auch in England als "feindlicher Ausländer" nicht mehr erwünscht war und nach Australien deportiert wurde. Ein Jahr später wird er rehabilitiert und kehrt nach England zurück, um dort u. a. als Metalldreher und Zuschneider in einer Gürtelfabrik zu arbeiten.
1941 engagiert er sich auch in der Jugendorganisation österreichischer Emigranten in England, 1942 wird er Mitglied des Kommunistischen Jugendverbandes.
Er lernt Exilautoren kennen, erste Texte erscheinen, 1943 meldet er sich freiwillig in der Britischen Armee gegen den Nazi-Faschismus zu kämpfen. 1946 gewinnt er den ersten Literaturpreis und kehrt nach Wien zurück.
Arthur West arbeitete als Lektor, Fremdsprachen-Korrektor, Kulturredakteur (1969-1982 Volksstimme) und Autor. Das erste Buch "Die Große Selbstverständlichkeit. Lyrische Suite" erschien 1955, in den 1980er Jahren folgten weitere. 2002 unternahm die Edition Schwarzdruck den "Versch eine Werkausgabe" in drei Bänden.

Dienstag, 15. November 2011

Gezeichnete Geschichten


Neulich hab ich mal was für mich ganz Neues gemacht. Ich habe eine Comic-Lesung im phil moderiert. Man könnte auch sagen eine Doppel-Graphic-Novel-Buchpräsentation. Das mit den Bezeichnungen ist auf diesem Gebiet schon mal nicht ganz einfach. Jedenfalls ging es um zwei Comic-Autorinnen-Debüts aus dem Berliner Reprodukt-Verlag. Um "Alien" von Aisha Franz und "rpm" von Martina Lenzin.
Die Geschichte von Aisha Franz dreht sich um drei Frauen. Um die mehr oder weniger alleinerziehende Mutter, die ältere und die jüngere Tochter. Die jüngere wird schlicht "Mädchen" genannt und ist grad in der Pubertät. Die ältere hat die Schule abgeschlossen und macht grad erste sexuelle Erfahrungen und die Mutter scheint bereits mit ihrem Leben abgeschlossen zu haben und bemerkt, dass sie sich in einem Hamsterrad befindet, aus dem sie wohl nicht mehr raus kommt. Das alles spielt in einer bleistiftgrauen Reihenhaussiedlung in einer beliebigen Kleinstadt.
Das klingt trister als es ist, es geht schon nahe, berührt, macht aber oft auch schmunzeln, weil man sich oft ertappt fühlt. Franz trifft Gefühle und Erinnerungen die man kennt und setzt diese schlicht und einfach aber stimmig und überzeugend um. Gerne zeichnet sie Wangen, Wiesen und Rauchwolken, omnipräsent sind auch Zäune. Ja, es ist schwer für die drei auszubrechen, ja, alle drei flüchten sich in eine Parallelwelt. Das Alter-Ego der Mutter steigt aus dem Fernseher und ist super erfolgreich, die ältere Tochter träumt sich in die Kindheit zurück und Mädchen hält sich ihren Alien für diverse Experimente. Erwachsen werden und erwachsen sein auf einzigartige Weise gezeichnet und getextet. Empfehlung!
Aisha Franz hat in Kassel Visuelle Kommunikation studiert, Alien ist ihre Abschlussarbeit und mittlerweile ist sie Neu-Kölnerin. Mehr auf www.fraufranz.com

Montag, 31. Oktober 2011

Barev


Im Zweifelsfall Ararat. Hier heißt alles Ararat. Das Hotel, die Bank, der Cognac, das Bier, die Bar, der Berg. Ja, der aus Funk, Fernsehen und Bibel bekannte Berg. Auf dem einst der Fährmann Noah seine Arche anlegte, als die Fluten wichen.
Apropos Gefährte und Straßenkreuzer. Viele klassische, kantige Ladas auf den Straßen. Lustig die mit aufgemotztem Soundsystem - wirkt sehr skurril. Das was bei uns aus verspoilterten, getunten Golf GTIs poltert, kommt hier aus Lada Taigas, Novas und wie sie alle heißen. Das Straßenbild ist - meine Erfahrungen anbelangend - eine Mischung aus Tunis und Athen.
Und zum Abschluss ein paar Fakten. In Jerewan leben 1,2 Millionen Menschen, 3 Millionen in ganz Armenien. Weltweit gibt es aber 10 Millionen armenisch Sprechende. Ach ja, Barev heißt so viel wie Hallo!

Samstag, 29. Oktober 2011

Schnorhakalutjun


Das heißt DANKE und ist armensich. Die haben 36 Buchstaben und da schaut das dann ganz anders aus aber aussprechen tut man es in etwa so. Ja, ich war in Jerewan, nein, den Ararat habe ich nicht gesehen. Aber jede Menge Anderes.
Live bloggen war leider nicht möglich, hab ich halt mal wieder analog den Kugelschreiber bedient und ein Notizbüchlein vollgeschrieben.
Eine Auswahl wird in den nächsten Tagen hier erscheinen.
Hier schon mal ein Blick (mit Baulücke) von oben.
Fortsetzung folgt

Mittwoch, 19. Oktober 2011

Generation Projektarbeit


Bereits mit ihrem 2007 im Haymon Verlag erschienenen Debüt Taghelle Gegend hat Angelika Reitzer die literarische Landschaft nachhaltig bereichert. Darin leuchtet Reitzer in einer sehr bildreichen Sprache und luziden Detailbeschreibungen das Alltagsleben aus und erstellt somit ein literarisches Zeitbild von bleibendem Wert und bestechender poetischer Kraft. Diverse Stipendien und Preise (u. a. Reinhard Priessnitz Preis 2008, Marianne von Willemer Preis 2009) sowie der Prosaband Frauen in Vasen (Haymon 2008) folgten. 2010 dann der große Wurf.

Arbeitslosigkeit kommt vor dem Fall. Alles steht und fällt mit dem Job. Lebensrhythmus und Lebensqualität werden vom Job vorgegeben. Angelika Reitzer hat darüber einen unter die Haut gehenden Roman mit dem Titel unter uns geschrieben.
Am Anfang steht ein Familienfest. Die Eltern von Clarissa ziehen sich zurück in den emotionalen und beruflichen Ruhestand. Was von der Familie bleibt, sind alte Filme. Clarissa war Assistentin der Geschäftsführung und Loftbewohnerin, nun ist sie arbeitslos und in Untermiete bei Freunden.

Vom Loft über ein WG-Zimmer im Hochparterre in den Keller der heilen Familie von Klara und Tobias. In unter uns macht Reitzer Auflösungstendenzen beruflicher, persönlicher, und partnerschaftlicher Art evident und übt dadurch implizit Gesellschaftskritik. unter uns ist auch ein Roman über die relative Freiheit von Freischaffenden, über das Prekariat, die Generation Projektarbeit und die Job-auf-Zeit-Falle.

So offen wie die Zukunft der Protagonisten ist auch die formale Umsetzung des Textes. Reitzer erzählt nicht linear, sie verwebt verschiedene Ebenen miteinander, wechselt laufend die Perspektive, lässt Episoden ineinander fließen und ist dabei stets unaufgeregt im Ton aber sprachlich äußerst präzise.
Die Lebensentwürfe im weiten Feld der Kreativitätswirtschaft haben eigene Gesetze. Hohes Ansehen aber keine Absicherung. Selbstausbeutung steht auf der Tagesordnung und ist ebenso Voraussetzung wie hundertprozentige Flexibilität. unter uns ist ein sprechender und mehrdeutiger Titel dieses Romans mit der Hauptfigur Clarissa. Clarissa ist unter uns, verschwindet aber mehr und mehr, geht unter.
Es wird einem mehr bekannt vor kommen, als einem lieb ist. Lesen!

Kloschüsselsitzrandreinigung

So wie sich momentan die Brillen von 15-35jährigen in der Kreativ-Branche beständig vergrößern, vergrößern sich momentanauch die Klobrillen in Bahnhofstoiletten. Beide werden auch immer teurer. Also die Brillen einerseits und die Brillen - respektive Toilettenbesitz und -benutzungen andererseits.
Wohingegen sich bei den Nasenbrillen oder den Augen - wie meine Oma immer zu sagen pflegte ("Warte Bub, ich muss nur schnell meine Augen suchen!") - die Gläser vergrößern, verbreitert sich bei den Klobrillen der Rahmen, also die Aufsitzfläche.
Wenn mann ganz genau ist, muss man sagen, dass es gar keine Brillen mehr gibt, sondern nur mehr das Nackte, Kühle zum Draufsitzen und Selbstreinigen. Weil in die 1 € Zelle gehen ja nur die Kacker und die mit ganz, ganz großem (also kleinem) Schwanzproblemkomplex.

Das Inventar wird in Summe schlichter und ist auf das Wesentliche reduziert. Ein Thron mit großem Einschissloch und breitem Sitzrahmen. Keine Bürste, keine Dinge zum Mitnehmen oder Zerstören. Solide Kleiderhaken und an der Wand, nebst den metallbehältergeschützten Klopapierrollen ein Reinigungsmittelspender für die persönliche Kloschüsselsitzrandreinigung.
Man sprüht das Zeug also auf geknülltes Klopapier und ist sodann bis über den Ellenbogen eingesaut, ist mit einer Duftnote versehen,die man für den Rest des Tages nicht mehr los wird.
Eau de Toilette HaHa (Hamburg Hauptbahnhof) heißt der neue Renner (ja, ich bin ein Trendsetter), individuell gewürzt mit Selbstverdautem (je nach Küche der Saison), zu haben um schlappe 1 €, hält stundenlang und macht dich unverwechselbar.

Was? Das soll leicht beschissen sein? Vonwegen. Der wahre Beschiss ist der real existierende Parfumwahnsinn. Lieber 80mal sauber und gut abgekackt auf den Bahnhofstoiletten Deutschlands (in Österreich kann man noch für 50 Cent dafür fehlt's aber oft am Duftspender), als so ein Fläschchen Hugo, Escade, Gucci oder sonst was!
Wider den Parfumirsinn!

Ach ja, das Bild ist nicht in Hamburg entstanden. Sondern in...? Wer weiß es? Sachdienliche Hinweise erbeten, Belohnung ausgeschrieben.

Donnerstag, 13. Oktober 2011

Blogstoff


Zwischendurch darf an dieser Stelle ruhig mal aus dem Nähkästchen eines Literaturzeitschriftenredakteurs geplaudert werden.
STOFF - von Mode bis Mafia ist das aktuelle Thema und ich habe sie alle gelesen die Einsendungen und der Oktober, der jetzt auch wirklich einer ist, mit Wind und Brausewetter, war mir behilflich dabei.
Es war wie immer ein Wechselbad, ein Kaltwarm, ein Zappen durch Geschichten, Gedichte, Gedanken. Stoff genug für diesen Blogeintrag.
Der knallrote mobile Fahruntersatz wurde übrigens in Feldkirch gesichtet.

Samstag, 24. September 2011

Der Ottakringer Wortvertreter

Sommer vorbei, Urlaub schon längst.
Roman fertig, ich auch (aber am Erholen). Sommerbräune schleicht sich langsam.
Ein goldener Herbst kann schon auch was.
Schreibpause? Nein.
Der Wortvertreter schreibt weiter, hat aber den Bezirk gewechselt. Neue Homebase: Ottakring.
Yes, ik bin ein Ottakringer

Samstag, 23. Juli 2011

von wegen gedankenblank

Robert Prossers Bücher haben sprechende Titel. Auf „Strom. Ausufernde Prosa“ (mehr braucht an dieser Stelle dazu nicht gesagt werden) folgt „Feuerwerk“. Ein Erinnerungs-Feuerwerk muss man gleich dazu sagen. Ein Feuerwerk hat eine Dramaturgie, versetzt in Staunen und verpufft dann wieder. Ein Feuerwerk wird abgeschossen, ist ein Augenblicksding und bleibt doch in den Köpfen. Ein Feuerwerk muss aber nicht immer aus Knallkörpern bestehen, man kann das Feuerwerk schon auch als Werk eines Autors betrachten, der glüht, brennt, ja um auf den Erstling zurück zu kommen, eines Autors der unter Strom steht und diesen Wechselstrom fließen lassen will. Einem Feuerwerk entsprechend ist das Buch wie ein Countdown aufgebaut, es wird von 10 zurück gezählt – automatisch stellen sich Silvesterszenarien ein und was macht man zu Silvester (außer sich zu betrinken?)? Man lässt das Jahr Revue passieren. Robert Prossers Erinnerungs-Feuerwerk ist über einen größeren Zeitraum gespannt. Da flammen Kindheitserlebnisse ebenso auf, wie Reisebeobachtungen im nahen/fernen Osten und im wilden Süden. „plötzlich wird mir bewusst, dass Reisen vor allem eines bedeutet: Material zu sammeln: wenn möglich Inspiration (...)“ (S. 121)

Da wird über Ferialfabriksarbeit ebenso reflektiert wie über Drogenkonsum mit Gangstern und Huren. Da bekommt die Zeltfesttradition ebenso ihr Fett weg wie der Begräbnis Kult da und dort. Da wird gereist, gesucht und geliebt. „ich suche und picke mir Momente heraus“ (S. 91) Gesucht wird aber auch nach der treffenden Sprache und gereist, um sich ab zu lenken, um die Sehnsucht nach ihr, durch ständiges in Bewegung bleiben, erträglicher zu machen. „Da sich alles vermischt, überlagert, sich zu drehen beginnt bin ich weder Wasser noch Baum, stattdessen gedankenblank den inneren Zuständen ausgeliefert, (…)" (S. 87)

Diese Themenfülle und das leidenschaftliche Feuer dahinter, führt dazu, dass da mächtige Sprachbilder zutage gefördert und in den Äther gejagt werden. Oftmals überzeugende, meist originelle und gelegentlich sympathisch pathetisch überschwurbelte. Da kann/muss man nicht immer dabei bleiben, da darf man gerne auch mal absetzen, aussteigen und wieder runter kommen von diesem Trip, diesem Sprachrausch, der einen sowohl anstecken, als auch zudecken kann. Man könnte Robert Prosser als „Fährtenleser zur Deutung der Illusion“ bezeichnen. Jedenfalls aber packt einen dieses „Feuerwerk“ und zieht einen da oder dort hin, macht also etwas mit einem, bewegt, wirft Fragen auf, beschäftigt. Das ist die Kraft guter Literatur, der Rest ist großteils Geschmack und der relativ.

Mittwoch, 20. Juli 2011

Erleuchtungsbrille

Dienstag, 12. Juli 2011

Die Sonne knipst mich aus, macht mein Ich weich, macht mich mürbe und würde ich welche haben, also Gedanken, so gingen sie unter im Meer oder versandeten, landeten am Grübelkomposthaufen um dort zu verderben und Humus für spätere, wirkliche Gedanken zu werden.

Montag, 11. Juli 2011

Taras Prochasko gelesen, Thunfischsalat gegessen, am Strand gedöst. Viel mehr war nicht. Finnisage, ja. Auch Bier im Coffehouse, eh genug. Die erste Woche halt und mich ordentlich voll gemacht. Erkenntnis des Tages: Lesen ist eine Art Durchlauferleuchtung.

Solomos


Sonntag, 10. Juli 2011
Ruhe- und Pastatag mit Zikadencrescendo als Hintergrundmusik. Erneute Bestätigung: 3 gut eingeschänkte Ouzo plätten. Vernissage und Nachschlag im Altius. Vier Uhr wird’s so auch bald. Ach ja, der Schutzheilige der Insel ist Dyonisos. Wörter des Tages: Unzuchtspfuhl, Stummduldung und Reizdarm.
Samstag, 9. Juli 2011
Tagesausflug, Inselfahrt, Museumsbesuch. Noch ouzorauschig in den Tag geschlittert und gegen die verdauungsanregende Straßenführung und -präparierung angekämpft. Das Nationaldichter Museum (Solomos und seine 158 Strophen Hymne) gewürdigt, eine Oliveölmühle besichtigt und auf das gestrandete Schmugglerschiff runter geblickt.
Viel von der Insel und diversen Versäumnissen gesehen und am Abend mit Grillfleischplatte dicht gemacht. Auch effizient, bewirkt aber (im direkten Vergleich mit Ouzo) gesprächstechnisch das Gegenteil.

Skopos

Freitag, 8. Juli 2011

Den Hausberg (Skopos) erklommen und dem Sonnenaufgang beigewohnt. Dafür um 4 aufgestanden und von 9 bis 12 gepennt. Einem geschwätzigen Sportfreak und Hausmeister mehr Ohr geliehen, als er verdiente und die Idealzeit für Sex in griechischer Hitze entdeckt. Noch immer einen verspannten aber wenigstens nicht verbrannten Rücken. Die Augen aber rinnen sonnen-, salz- und sandbedingt.

Donnerstag, 7. Juli 2011

Laufen am morgen am Strand. Wasser schwappt in die Schuhe, schnappt nach dir. Sand baut nicht auf dich, sondern lässt dich einsinken. Sonne lässt sich sowieso nicht von ihrem Tun abhalten. Schwere Beine, Schweiß in Flüssen aber hinterher Belohnung, Abkühlung, Versöhnung. Auf die Siesta verzichten hat bloß zur Folge, dass man das Beachvolleyballen verschläft, dann zu früh isst und müd ist.

Zakynthos 2011

Dienstag, 5. Juli 2011

Schaltergepolter im Fluc-Slam-Rausch. Ticket- aber nicht wortlos. Im Sprint in den Flieger und in voller Rauschblüte im Bus nach Vassilikos den Kater dann am Strand kuriert und mit Ouzo, Musaka und Yazzi-Entspannungswürfeln ab unters Mosquitonetz. Anstandsloses Urlaubseinstandsfeeling. Die Restfetten half!

Mittwoch, 6. Juli 2011

Einen Heckenklescher und den würzig äzenden Hausschnaps aber großartige Schwertfischsouvlaki. Tränende Augen, offene Schienbeine und Knie aber große Beachvolleyballmomente. Gegen eine gediegene Siesta gibt es wirklich gar nichts einzuwenden und Lamminnereien sind vor allem als Wort schön.

Montag, 13. Juni 2011

Lektürekernsätze


Die Dichter, hieß es bei Horaz, wollen zugleich Erfreuliches und Nützliches über das Leben sagen, schreibt Franz Schuh, lese ich. „Die Grundeigenschaft der Niedertracht nimmt zu“, sagt der ORF Programmdirektor Wolfgang Lorenz im Interview und zwei Seiten weiter wird über originelle, organisierte Kriminalität berichtet: Banden saugen mit leistungsfähigen Staubsaugern Hartgeld aus Münzfernsprechern in ganz Europa. Harte Arbeit für echtes, hartes Geld. Das Wörgler Schwundgeld aus dem Jahre 1932 von Michael Unterguggenberger wiederum ist Österreichs berühmteste Zweitwährung. Heute gibt es an regionalen Währungssystemen den Waldviertler, den Styrrion, den Walgauer, den Klostertaler und den Leiblachtaler. Heute gibt es das Internet, früher gab es Versandhauskataloge, sage ich. So viele bunte Bilder, so viele Produktbeschreibungen. Apropos Beschreibungen: Wein ist das, was man trinkt, wenn das Bier alle ist, erklärt Max Goldt und 64 % aller Paare schauen sich beim Sex nicht in die Augen, steht zu lesen in „Intimität und Verlangen. Sexuelle Leidenschaften wieder entdecken“, geschrieben von einem Pionier der Sexualtherapie mit dem sprechenden Namen David Schnarch.

Weniger gemütlich als ein Bett ist eine Abferkelbucht, die ist gängig in der Schweinezucht. Eine Abferkelbucht ist ein Zwinger für die Muttersau, in dem sie sich kaum bewegen, nur die Zitzen bereit stellen (und somit praktischerweise die Ferkel nicht erdrücken) kann. 70 Prozent der Männer und 30 Prozent der Frauen im Jemen kauen täglich Kat-Blätter. Danach haben alle geschwollene Backen, Kat macht euphorisch und gesellig, eine dicke Backe stört da kaum. Aber Kat braucht sehr viel Wasser und das ist – wie Freiheit – knapp im Jemen. Im Übrigen haben die Leute dort ohnehin gerade andere Probleme.

Dienstag, 31. Mai 2011

Schalalalalitraratratur

Texas als Texttitel ist ein Rabiatkomödienroman und überdies das Debüt von Max Höfler.

Max Höfler spielt mit Formen, Quellen und Lesenden.
Mahö belegt Fotos mit Widersinn aber dann erst recht wieder Sinn.
Mahö wiederholt und variiert (ca.) gern.
Mahö kürzt auch g. ab.
Mahö macht Werbung für andere Bücher, rechtfertigt das eigene und lobt, preist und segnet die perspektive.
Mahö konterkariert jegliches Erzählverfahren.
Mahö verfährt mitunter rabiat mit seinen Figuren.
Mahö hat eine Vorliebe für Gerangel, Gerammel und flotte Flitzer (und bestimmte Adjektive).
Mahö experimentiert mit Wortzusammensetzungen, Schriftarten und Leseanweisungen.
Mahö lässt Buchstaben und Gedanken über die Seite purzeln und Sätze und Stile brechen.
Mahö verteilt fleißig „fontanellenmassagen“, „faustwatschen“ und dialektische Knieschüsse.
Mahö bedient sich dabei bewährter Mittel der Parodie.
Mal schwurbelt Mahö im verstiegenen Wissenschaftsduktus, mal lässt er die frei flottierende Gliedsatzobsession raus hängen, mal gibt er sich bibelbeschlagen aber immer verhält sich dabei das Beschriebene diametral entgegengesetzt zum Sprachmuster des jeweiligen Inhaltsgeheges.
Das clasht natürlich sakrisch, erfrischt gehörig und freut den Lesenden teuflisch.
Das Buch ist darüber hinaus aber auch noch ein Überraschungsei, bietet also lecker Schokoworte, etwas zum Spielen (Listen, Grafiken, Fußnoten, …) und eine bewährte, wiederverschließbare gelbe Hülle (wie alle Literatur Ritter). Man kann das Buch also immer wieder knacken. Schön.
Max Höfler hat da ein schön-fein-sauber-taktes, ganz und gar fein anderes Buch in die österreichische Literaturbackstube hineingesemmelt mit vielen Butterseiten und Butter kann bekanntlich – so wie La-lu-literatur – durch nichts ersetzt werden.

Samstag, 23. April 2011

Metaebene rules


Es wird dem Genre Provinz-Krimi in jüngster Zeit ja derart penetrant Ehre und Aufmerksamkeit erwiesen, dass es einen – ich will nicht schreiben wirklich Lesenden – aber dass es einen, der nicht nur liest, um auf vertraute Örtlichkeiten, ausgelutschte Schmähs, grantelnde aber gemütliche Kommissarinnen und Kommissare zu stoßen, dass es einen, der lieber liest, um Neues zu entdecken, Neues in sich und im vorliegenden Text, einen, der sich von der Sprache gerne an der Hand nehmen, sich entführen und nicht nur von Regionalismen einlullen lässt, dass es so einen schier schütteln muss, es wird also, um den Satzanfang noch einmal aufzunehmen, auf dass es auch den ungeübten und aus welchen Gründen auch immer unkonzentrierten Lesenden (vielleicht läuft ja grad ein Song im Hintergrund, dessen Textzeilen sich sanft in den Vordergrund drängen und sogar zitierwürdig wären, vielleicht aber geht den Lesenden auch einfach etwas anderes im Kopf um und weil das Gelesene dann doch durch den Kopf muss, um verdaut werden zu können, können wir Unkonzentriertsein mitunter schon verstehen, wenngleich wir es nicht immer tadellos im Raum stehen lassen wollen), es wird der unsäglichen und kaum lesbaren En-vogue-Krimi-Kategorie mit dem Label „Provinz“ (und das ist hierzulande viel) nun wirklich schon viel zu lange derart die Verkaufsstange gehalten, dass es höchst an der Zeit ist, diese trendige, heilige Cash-Kuh des Literaturbetriebs gnadenlos zu schlachten, ja dem Krimi allgemein ordentlich eins über zu braten, das Inhaltsgerüst zu brechen und die Protagonisten auf die Aktenzeichen X Y zu reduzieren und Jubel, Freude, Trallala: Peter Clar macht das.
Peter Clar macht das in seinem radikal konsequenten Anti-Krimi „Alles was der Fall ist“ nicht nur beschlagen, gewitzt und gewürzt mit Zitaten aus den oberen und unteren Schubladen des zweiflügeligen Kastens Populärkultur und Literaturgeschichte. Kanonisierte Klassiker haben da naturgemäß gleichermaßen Platz wie katholisch Biblisches und dass gelegentlich eine Aussage mit Indiepopigem (und auch Hiphoppigem) à la Sterne, Schamoni, Licht, Tocotronic, Regener und Dendemann garniert wird, wird in diesem Kasten natürlich ebenso toleriert, wie genereller Gestaltungsraum im Text.
Zum Anlassfall an sich: Villach, Kirchturm, Sturz und tot. Was bleibt ist ein Kreideumriss von Y am Pflaster. X geht der Sturzsache nach, zumal Y sein ehemaliger Schulkollege und Freund war/ist/was weiß man? Der Erzähler versichert auch glaubhaft, nichts zu wissen („Fragen Sie bloß nicht mich“), sich nur am Vorgeschriebenen hoch zu handeln, nur den Fall zu verfolgen und sich von der Sprache jagen zu lassen. Das ergibt ein mords Halali, vor allem, wenn der Verbgebrauch dem Gewöhnlichen leicht enthoben wird, was dann zum Beispiel so klingt:
„Weiß X also, wo F wohnt. Weiß X auch, welcher Name auf der Türe steht, ist es ein Männername, Malina wäre doch schön, zum Beispiel. Spiele ich nicht lange um den heißen Brei herum, umgruppiere ich meine Formulierung, lange anspiele ich nicht mehr und rede auch nicht um den heißen Brei. Sage ich gar nichts außer dieses: Ist der Name ein männlicher, aber das ist wohl nicht der ihre.“ (S. 52)
Ja, umguppiert er, beischläft er, durchkommt er und dingfestnagelt er auch, das hat was Antiquiertes und was Verspieltes. Denn gespielt wird in diesem Text nicht nur mit der Sprache, sondern vor allem mit den Lesenden und der Krimifolie. Schön, dass der Erzähler meistens weiß, wann genug gespielt und wieder gehandelt oder zumindest abgelenkt beziehungsweise angeregt gehört. Den Lesenden bietet dieser Text jede Menge Lücken zum Füllen, die Freiheiten, die der Erzähler den Lesenden zugesteht, eröffnen Denk- und Erinnerungsräume in denen man sich gerne verliert, um dann wieder zu X, Y, Villach und der Kirchturmfallsache zurück zu kehren.
Möge dieser Krimi-Bastard möglichst viele Lesende (und hoffentlich durch die Aufmachung auch Provinz-Krimi-Fans) erreichen, mögen auch die insgesamt Verwirrten darin tröstliche Worte finden („Sinn ergibt sich nie“) und möge man mehr derart lustvoll die Genregrenzzäune Niederreißendes, mehr derart eindrucksvoll Buchmarkttradiertes Dekonstruierendes auf den Verkaufstischen der Buchhändlerinnen und Buchhändler finden. „Alles was der Fall ist“ ist beste Unterhaltung auf der Metaebene ohne sich auf dieser zu verzetteln.

Samstag, 16. April 2011

Pathos-Sprech meets Dirty-Talk


Christian Uezt legt mit „Nur Du, und nur Ich“ zwar sein Romandebüt (Secession 2011) vor, ein Szeneneuling ist der philosophiedurchdrungene Schweizer Performancepoet allerdings beileibe nicht, im Gegenteil, seine Auftritte sind geradezu legendär. Uetz ist ein Vorreiter der „Spoken Poetry“ im deutschsprachigen Raum, hat Gedichtbände u. a. bei Suhrkamp und Droschl veröffentlicht und erzählt nun eine Liebesgeschichte. Ja, eine Liebesgeschichte. Sie hält die Nähe nicht aus und macht es ihm schwierig. Er wäre bedingungslos bereit sich hin zu geben, er ist auch bereit, danach zu schürfen, wieso sie ihm die körperliche Vereinigung verweigert und ergibt sich gerne in geradezu manischen Selbstreflexionen. Sie flieht vor der Nähe, er fleht danach. Für ihn ist die Liebe in allen Ausprägungen das absolut Höchste und deshalb ergibt er sich auch in religiösen Anrufungen von mitunter geradezu grotesker Art. Aber es ist ihm ernst. Er ist sexbesessen, sie macht sich nichts aus dem Geficke.
„Dass die Liebe pathologisch ist, ist ihr größtes Geschenk.“ (S. 86)
Es ist dieser wonnevolle Clash von Bibelduktus und dem unverblümten Beziehungstalk zweiter überreifer, superaufgeklärter Städter. Es ist dieser Mix aus erhöht-antiquierter und schlicht alltagssprachlicher Ausdrucksweise, durch den das Ganze eine einzigartige, gegenwärtige Ur-Wucht erhält: „Erhöh mich hinüber.“

In „Nur Du, und nur Ich“ geht es um die Höhen und Tiefen der Liebe und des Leidens, um Sehnsucht, Wolllust, Verzweiflung und die sprachliche Umsetzung dieser Urgefühle. Christian Uetz findet dafür eine Sprache, die keine Gratwanderung, sondern ein Besteigen des Liebesgipfels von allen Seiten und mit allen Mitteln ist. Da wird aus allen Registern gezogen, ist nichts per se zu hoch oder zu tief. Die beschreibenden Szenen der schwierigen Beziehung wechseln sich mit dem Innenleben des Erzählers bzw. mit den Sprachversuchungen und -verwirrungen die der Liebesrausch im Erzähler auslöst. Dass diese Obsessionen nicht alle immer treffen können, ist dabei nur natürlich, Leidenschaften sind eine höchst individuelle Sache. Wie es Uetz allerdings gelingt, die Besessenheit seines Helden darzustellen, ist bemerkenswert und in dieser Realisierung wohl einzigartig.

„Nur Du, und nur Ich“ ist ein Text der einen, wenn man gewillt ist, sich darauf ein zu lassen, hin und her beuteln und ergreifen wird. Ein Text der einerseits das Höchste will aber andererseits auch vom Banalen genährt ist, sich nichts Menschlichem verschließt und durch diese Hoch-und-Tiefschaufahrt mitunter auch eine ganz eigene Komik entwickelt „Und Liebe ist genau das lachende Leiden.“In Summe ein Text über die Liebe, der verinnerlicht, gespürt und gehört gehört. Und wenn man ihn erst gehört hat, dann bleiben ohnehin keine Fragen mehr offen.

Montag, 28. März 2011

Jahreszeitlamento

März, du unglückliches Wesen

Winterrattenschwanz und Frühlingspfauenrad
März, da Sonnenlockstoff und Plusgradteaser, dort Magenbitter und Sauwetter

März, keine Jahreszeit, eine Frechheit, bist du
Alle Jahre wieder Zuckerbrot und Züchtigung
Hautfreiheitsvorboten und Peitschenhiebe auf offene Gemütswunden
März, du Freude interruptus

März, kleiner Bruder vom November du
Oberflächlich fröhlich, aber mehrheitlich mau
März, du unausgegorene Maische
Was wärst du für ein Nichts, ginge das Märzen Bier nicht auf dich zurück
Lob verdienst du dafür nicht, nur es
Wärst ja nicht auszuhalten ohne es, nicht überwind-, nicht schluckbar
Aber immerhin, März, deine Tage sind gezählt

Mittwoch, 23. März 2011

Umstandsbewendung

Was ist dir lieber? Ich bin schon verkorkst genug? Oder: Ich bin schon verkokst genug?
Na da müsste man wohl die jeweils vorangegangene Frage kennen, nicht?

Freilich. Dennoch. Eine Grundtendenz ist ja erkennbar.
Du meinst ob lieber Drogen- oder andere Probleme?
Ja.
Naja, wohl lieber Drogenprobleme, weil damit das Problem schon benannt und erkannt ist.
Das Problem ja, der Grund dafür allerdings nicht.
Okay. Du vermutest also hinter dem Drogen- ein tieferliegendes Problem?
Unter Umständen.
Eventuell Verkorkstheit unbestimmten Grades?
Unter Umständen.
Was wiederum heißen würde, dass das Selbsteingeständnis von Verkorkstsein auch schon eine Problembenennung darstellt?
Jaja.
Was die Ausgangsfrage wieder schwerer zu beantworten macht.
Schwerer oder egaler.
Egaler ist gut.
Egaler ist besser.
Egaler ist verkorkster als egal.
Einem verkoksten Individuum ist allerdings auch alles egaler.
Sind die beiden Wörter womöglich ethymologisch verwandt?
Heißt verkorkst verstöpselt, verschlossen, zu gemacht und verkokst verschneit, verweht, dicht gemacht?
Klingt überzuegend.
Dann lassen wir es doch dabei bewenden.
Bewenden, ja, damit wollte ich schon immer mal enden.

Dienstag, 22. März 2011

Knut ist tot!

Dieser Nachricht wurde in Berliner Tageszeitungen tatsächlich Platz auf der Titelseite eingeräumt.

Und das in an weltpolitischen Ereignissen nicht gerade armen Zeiten wie diesen.

Naja, vielleicht kann ja die Gefühlsverwirrung angesichts des Frühlingsbeginns dafür verantwotlich gemacht werden.
Dies ist im Übrigen kein Trauerflor, sondern ein Symbolfoto dafür, dass nun halt ein neuer Bär her muss fürs Schaufenster.

Freitag, 18. März 2011

Sprach-, Ohr-, Bilderrausch

Schöner Zufall. Gestern hab ich im Flieger nach Berlin „Die Frequenzen“ fertig gelesen und der gute Clemens J. Setz hat gestern in Leipzig den Buchpreis zugesprochen bekommen. Für sein neues Buch ("Die Liebe zur Zeit des Mahlstädter Kindes") wohlgemerkt.
GRATULATION!
Dennoch soll es hier nun um den 2009 im Residenz Verlag erschienen 714 Seiten Roman „Die Frequenzen“ gehen. Ich halte mich kurz, was schwer ist und bereue, dieses großartige Buch nicht schon früher gelesen zu haben.

Dieser komplexe Familienroman kann einen inhaltlich nicht kalt lassen.
Erster Handlungsstrang: Vater verlässt Familie aus Scham, taucht später wieder auf. Mutter leidet unter Vergesslichkeit. Der Ich-Erzähler Alexander Kerfuchs arbeitet als Pfleger in einem Altersheim, verliebt sich in die Therapeutin Valerie, die später niedergeschlagen wird. Lydia ist seine hartnäckige Langzeitfreundin. Die Arbeitskollegen und Hausmitbewohner sind alle auf ihre Weise durchgeknallt. Es rauscht in Ohren und Gehirnen und dann hat Alex auch noch ein ungeliebtes Kind (Gerald) an der Backe.
Zweiter Handlungsstrang: Walter ist Sohn des berühmten Architekten Zmal. Früher schrieb er, dann spielte er für Valerie Patientenrollen, seinen Platz im Leben findet er aber weder in der Kunst noch in der Liebe, weder als Geliebter von Joachim noch von Gabi (die er in der Therapiegruppe kennen lernt). Er ist eine jämmerliche Figur mit Waschlappenfreunden. Alex und Wolfgang kennen sich schon seit Kindheitstagen, verlieren sich dann aber lange aus den Augen.
Und dann gibt es noch die rätselhaften Alten: Messerschmidt (Vater von Valerie), die Großeltern und den Vermieter Steiner. Figuren zuhauf, Nebenfiguren auch, die dann alle in irgend einer Form wieder auftauchen.

Der Autor hat also keine Scheu vor großen Themen (Vaterbeziehungen, Herkunftskomplex, Tod, Liebe, Sex und Krisen aller Art) und als Fleißaufgabe vergisst er auch nicht darauf, sämtliche Großereignisse der vergangenen drei Jahrzehnte nebenbei einzustreuen (Tschernobyl, Sonnenfinsternis, Milleniumcrash,...) So weit, so inhaltsreich.

Mich freilich fasziniert mehr die kühne, verschlungene und doch so natürlich wirkende Gesamtkomposition. Das große, so anders gestaltete Ganze. Mich faszinieren die auf so unterschiedliche Weise formal gestalteten Kapitel: Listen, Fragebögen, Briefe Reden, Mini-Dramen, Lexikoneinträge, Telefongespräche ins Nichts als Waffe und Ablenkungsmanöver („Lautes Sprechen ist viel natürlicher als Denken.“), …
Mich fasziniert die sprachliche Umsetzung von Alexanders Phantasieausritten und Abschweifungen in die Welt der Wahrnehmungsübergriffe, mich fasziniert die Belebung der Dinge und die Verschmelzung der Sinne (als Beispiel für ein charakteristisches Kapitel seien die Seiten 480-487 nahegelegt, in „Der Pferdebiss“ kommt so ziemlich alles vor).

Ich rekapituliere. In „Die Frequenzen“ geht es: Um Störungen, um unfassbare Ereignisse und deren Auswirkungen auf die Beteiligten. Um ein Aufheben des linearen Erzählens und des Zeitempfindens und um Risse in der Familienstruktur.

„Was passiert, passiert immer jetzt, es taucht auf, pflanzt seine Koordinaten in die Wirklichkeit und das war's. Es lässt dich dumm zurück, ohne irgendwelche Hilfsmittel, Innen-Außen-Vexierspiele, endlose Dialogleitern oder die vollendete Feigheit eines Perspektivenwechsels, eine zwischengeschaltete Stimme, die niemand kennt und die nichts bedeutet.“ (S. 358)
Man könnte sagen: Zuviel des Guten und hätte ich nicht gerade die Zeit, wäre mir dieser Wälzer vermutlich auch zu viel. Denn in „Die Frequenzen“ steckt Stoff für mehrere Romane. Aber gut. Da kann einer offenbar dauern, sprudelt unaufhörlich und wenn das alles derart qualitativ hochstehend ist, dann nur heraus damit.

Montag, 14. März 2011

Kartoffelköpfe und Schildbürger


Man schaut darauf, dass es mir gut geht. Ein Zwischenbericht in Mittags- und Abendmenüs: Cheese Steak 31 Sandwich, Gebratenes Maishähnchen mit Paprika-Zucchini-Gemüse und Kräuterreis, Spaghetti Bolognese, Gebratenes Zanderfilet auf Fenchelgemüse mit Kartoffeln in Kräutersauce, Rinderroulade mit Prinzessbohnen und Kartoffelpüree, Rosa gebratene Entenbrust mit Zucchini-Kartoffelgemüse und Thymiansauce, Classic Burger mit Bleibtreu Fries und Cole Slaw, Kartoffelsuppe mit Geflügelwürstchen und Pilzen, Pasta 31, Chili Beef Burger, Königsburger Klöpse mit Kartoffelpüree und Gurkensalat, Wiener Schnitzel mit Bratkartoffeln und Gurkensalat, Gebratenes Maishähnchen mit Paprika-Zucchini-Gemüse und Kräuterreis (Sorry!), Caesarsalat mit Hähnchenbruststreifen, Pasta Pesto mit Rucola, Matjesfilet mit Hausfrauensauce, Bratkartoffeln und Beilagensalat, Rosa gebratene Entenbrust mit Zucchini-Kartoffelgemüse und Thymiansauce (Sorry, ich steh auf Brüste), Rotbarschfilet mit Ratatouillegemüse und Kräuterreis, Club Sandwich, Pasta mit Gemüsesugo, Freesisch Ochs Rumpsteak mit Pffersauce und Cole Slaw, Leberkäse mit Bratkartoffeln, Bio-Freiland Spiegelei und Blattsalat;
Kurzbefund: Etwas kartoffellastig, dabei wäre ich doch bei den Krauts!

Dienstag, 8. März 2011

Musenanrufung

Tropfsteinhöhle Hirn geiz nicht so mit Einfällen
Lass mich doch Schreibfluten und Gedankensurfen
Lass mich doch Ideenrodeo und Geistesblitzgalopp reiten
Lass mich fortschreiten und satzsteppen im Text
Lass mich inhaltsschwanger werden, nein, lass mich gleich Inhaltszwillinge gebären
Quasi zwei Handelsstränge und einen roten Faden
Eine alles versorgende Nabelschnur, die liefert, was die Textbabys so brauchen
Herzblut inbegriffen

Sonntag, 6. März 2011

Kur Comics Krisen

Ein mutiges Unterfangen. Stichwort Intermedialität und bunte Bilder in Literatur: immer schwierig. Was soll's, dürfte sich das Autorenduo gedacht haben – zweiter Roman, was kann schon groß schief gehen, alles, ja, aber alles halb so schlimm, wenn man für den Erstling so geliebt wurde. Jedenfalls sind die Comic-Strips auf mir nicht bekannte, neue Weise eingebunden in die Gesamtgeschichte. Gelungen?

Ich finde ja, ohne jetzt all zu kritisch sein zu wollen. Ich hab das Buch von gestern auf heute gelesen. Der erste Teil hat mich nicht wirklich begeistert, dennoch bin ich dran geblieben. Da ist der Held Jürgen Teenager, Metal-Fan und Hauptthema ist, dass seine Schwester Ulrike verschwunden ist. Darüber wurde sogar ein Film gedreht. Der Film, die Bilder daraus treten an die Stelle der Erinnerung und im Film wollte Jürgen eigentlich nur den Regisseur beeindrucken – Teenager halt.

Das stärkste Bild: Die Kamera hält auf die geschlossene Zimmertür, Metalmusik drängt raus und dann der O-Ton Jürgens: „Ich wünsche ihm den Tod!“ (dem mutmaßlichen Entführer/Mörder seiner Schwester). Dann geht es rasant vorwärts. Frau da, Kind da, Arbeit auch, Ulrike-Trauma auch noch immer und schon wieder tritt ein Medium in Erscheinung. Ein Regisseur glaubt Ulrike in Budapest aufgespürt zu haben und möchte das als Überraschungs-Reality-TV-Format bannen. Jürgen macht den Unfug mich und klar, wird’s ein Reinfall. Die Ehe geht dann bald denn Bach runter. Frau weg, Kind weg, Ulrike noch immer weg, Mutter tot und neuer Job in der Pampa Bayerns da. Lösung ist das freilich keine.

Jürgens Leben trottet vor sich hin, er knetet Körper, bis bunte Bilder an seine schwer zugängliche Aufmerksamkeitstür klopfen, nachhaltig und schließlich mit Erfolg, bedenklichem Erfolg. Jürgen wird zur Figur im Comic-Strip Ute, lebt darin auf und betrachtet die Realität nur mehr als Parallelwelt – so geht’s natürlich auch nicht. Und bevor das hier zur reinen Inhaltsangabe wird, sei wenigstens der Schluss ausgespart, der, naja, nicht ganz überzeugt.

Sprachlich fällt das Ganze in keiner Weise auf, flüssig, in sich schlüssig, konsequent, ohne Experimente. Einzig auffälliges, wiederkehrendes Gestaltungsmittel: Der fast-forward-Möglichkeitsablauf. Das ist schon alles gut gemacht und gemeint aber nicht außergewöhnlich und insofern weder zu empfehlen, noch zu verwerfen. Für zwei Tage tat mir dieses Buch gute Ablenkdienste.

Im Übrigen sei noch darauf hingewiesen, dass sich zwei Bücher einer Saison von unterschiedlichen Verlagen wohl äußerlich kaum ähnlicher sein können wie „Geister“ und „Söhne und Planeten“. War wohl grad Grafiker-Chic die Silhouettenmasche auf leicht schmutzendem Weiß mit Farbbalken unten. Soll sein. Jetzt geht’s ran an die Frequenzen. Ich freu mich.


Samstag, 5. März 2011

Setz-Satz-Sapperlott

Habe mir vorgenommen, in meiner Berlin-Bleibtreu-Zeit u. a. meine Sezt-Lücke zu schließen und brav beim Erstling begonnen, auch seinen Bachmanpreis-Auftritt angeschaut und heut schon nach den Frequenzen gesucht in der Literaturhaus-Buchhandlung. Hatten sie leider nicht. Schade. Zu Söhne und Planeten von Clemens J. Setz (Residenz 2007):

Vier Abschnitte, viele Kapitel und Figuren, ein Ereignis, das alle Erzählungen zusammen hält. Der Tod des jungen Autors Victor Senegger. Aber mal langsam. Da haben wir zuerst René Templ, Schriftsteller, als Vater ein elendes Scheusal, ein schwindelanfälliger Jammerlappen, der durchdreht, wenn sich sein Sohn beim Arzt aus Angst einnässt. Templ geht fremd und verschwindet gerne im Raum zwischen Realität und Traum. Autoren sind auch Senegger senior, der an der Herausgabe vom Nachlass seines Sohnes arbeitet (herrlicher Briefwechsel mit dem Verleger); Mauser, dessen Frau stirbt und dessen letztes Buch von der Kritik nicht gerade wohlwollend besprochen wurde. Der Altautor am absteigenden Ast, der sein Landhaus aufgibt …

Eindringlich die Altherrenszene im Schwimmbad. Der Literaturbetrieb geht baden, es ist etwas zu kalt, den meisten steht das Wasser bis zum Hals und man spricht zwar miteinander aber kann sich doch nicht recht leiden, lästert lieber hinter dem Rücken des jeweils Betroffenen (die multiperspektivische Erzählweise macht's möglich).

Templ ist in der Öffentlichkeit nicht auszuhalten, nur im inneren Monolog blitzen oftmals seine poetischen Qualitäten auf, das gilt auch für die anderen Protagonisten. Nach außen selbstherrliche Arschlöcher, im inneren aber doch mit ein wenig Herz und etwas Hirn ausgestattet. Nein, vom Hirn bedeutend mehr als vom Herz bzw. von der Sozialverträglichkeit. Sprüche und Weisheiten klopfen funktioniert besser als Beziehungen aufrecht zu erhalten und das trifft nicht nur auf Vater-Sohn-Beziehungen zu.

Dieser Roman ist an ernsten Themen reich, ist sprachlich originell und in der Textgestaltung äußerst vielfältig. Eine alles überstrahlende Sonne gibt es in diesem aufgespannten Kosmos nicht, niemand ist Sympathieträger aber dennoch zieht es einen in diese Welt, nimmt man gerne den so souveränen Blick des Erzählers auf die Ereignisse ein (oft erst weit weg aber klar auf Verbindendes zu zielend). Alles darf dieser Erzähler: klugschwäzen, kalauern, abschweifen und immer wieder in Traufgefilde abtauchen. Man fühlt sich als Leser dennoch stets in guten Händen und lässt sich bereitwillig belehren, verwirren, ärgern, unterhalten auf andere Gedanken bringen.

Allein wie hier diverse Schreibstile vorgeführt werden ist eine Wonne. Von den immer überzeugenden Dialogen einmal ganz abgesehen und wenn dann auch noch überzogene Figuren (wie das hochbegabte Kind Ninas) ins Spiel kommen, dann vergisst man oft tatsächlich die Gesamternsthaftigkeit des Erzählten (und auch das ist gut so).

Dass der Text zudem mit klugen die-schreib-ich-mir-in-mein-Zitate-Heft Sätzen gespickt ist und auch mit wunderbar eigenständigen Vergleichen und Metaphern aufwarten kann, ist sozusagen das Sahnehäubchen auf dem lecker Erdbeertörtchen. Ich bin entzückt, schwer begeistert und Frequenzen-vorfreudig.

Den aspekte-Preis für das Debüt des Jahres 2007 hat Setz leider nicht gekriegt, nominiert war er. Der, der ihn eingeheimst hat, heißt Thomas von Steinaecker und von dem hab ich mir heut ein Buch gekauft. Aber dazu bald mehr.

Donnerstag, 3. März 2011

Gedankensplitternackt

Huckepack mit Zankapfel und Ei gen Hut geschustert, kann es auch nicht sein? Eher dermaleinst eine Ausgusswiese instand halten und drauflos trichtern, das Hirnsegel setzen und den Gedankenanker lichten, die Neuronennetze einfahren und die geistigen Windungen gerade biegen. So kann man arbeiten, obschon wie immer gilt: Wehret der Arbeit!

Dafür bin ich da. Darum schreib ich Kram, 100 % gramfrei und haltlos.
Schulterzupackeseleien eines Unsinnsenthusiasten, Grafiespasmen und Grammatikanomalien, Quasselquisquilien und Allotria aller Art, kalkulierter Unfug mit Recht und Linksdrall, Radau- und Softpöbelpoetologie, Dampfgarnix und Mikrowellenkammgratwanderungen im Schatten der Dichtung mit Senfbeilagscheiben und rotzfrechfreier Ansprüchlichkeit. Garantiert allürenfrei und für niemanden unumgänglich! Den Ausschankbereiten vorgebechert und aufgethekt nebst Zuckerstreuer und Stuhlbeinfreiheit, um mal zum Standpaukenpunkt zu kommen und von dort dann auf Fortgang zu hoffen (und alles Weitere natürlich offen).
Damm angebohrt, Schreibe leckt, jetzt bloß nicht stöpseln, sondern weitermachen (morgen). Guten Tag!

Zitat des Tages: „Die Moral ist das Rückgrat der Schwachsinnigen.“ Francis Picabia

Montag, 21. Februar 2011

Der Rossschwan im Mondschwein


Ein Rossschwan mit Lederkleid trifft eine Plundertasche mit Hopfenfüllung. Der Rossschwan schlägt vor, etwas Winken zu gehen. Die Plundertasche mit Bierhang von Haus aus geht davon aus, dass der Rossschwan nicht so leicht unter gehen würde und betrachtet es als Würdensbürde das hohe edle Getier zum Stunk einzuladen, um sich eventuell danach bei einem gemeinsamen Mondschweinspatzenfang zu vergnügen und sich mit der gegenseitigen Existenz zu begnügen.

Seien wir ehrlich, die Plundertasche will dem Rossschwan ans Gefieder, der aber entpuppt sich als trinkfest und bieder und will nichts wissen von käsen, kosen, küssen und Kissenschlachten. Kann und will und mag nicht schmachten. Der Rossschwan laboriert nämlich an einem Schweißheißdrang und sucht nur etwas Ablenkung, keine Streichkäseinheiten und Zärtlichkeitsschenkung.

Die Plundertasche versucht es mit der Becircmasche und schmiert Honig um des Rossschwans Schnabelmaul, was dem alten Vogelgaul zwar schmeckt, doch als er die Bienenernte in sich schleckt, meldet sich sofort der heiße, schwitzige Drang und lässt den Rossschwan aufschreien und auffahren. Das Mondschwein fällt vor Schreck fast vom Firmament, die Plundertasche gibt sich vollends enthemmt, das Mondschwein quiekte laut in die Nacht, ein Quieken, das auch im Rossschwan Lust entfacht.

Das Mondschwein sorgt für romantisches Licht, die kleine Plundertasche erreicht des Rossschwans Schnabelmaul nicht. Doch davon lassen sie sich nicht irritieren, Liebe macht schlau, also hopphopp improvisieren. Mit verführerischem Ton hebt die Süßspeise an: „Die große Qualität von Plundertaschen, man kann uns rückstandslos vernaschen!“ Worauf der Rossschwan meint: „Na dann…“ und so schnappt die Liebesfalle zu, ein Biss und danach ist für immer Plundertaschenruh!

Abschließend lassen wir den Schweißheißdrang etwas Bekanntliches sagen: Tja, Liebe geht durch den Magen!

Montag, 14. Februar 2011

Drei Tage Slam


Ein Tourtagebuch

Lag lang wach. Kam spät raus. Fuhr falsch los. Kam spät an. War gleich dran. Recht viel los. Kam gut an. Trank dann was. War sehr fit. Trank dann mehr. Hatte Lust. Hatte Spaß. Hatte Rausch.

Taxi zur Pense. Minibar leer. Fernsehn im Bett. Lag dann lang wach. Schlief dann doch ein. Kam dann spät raus. Fuhr dann falsch los. Kam dann spät an. War dann gleich dran. War nicht viel los. Ich kam auch nicht an. Ich trank dann mal was. Ich fühlte mich fit. Trank daher mehr. Nicht etwa aus Lust. Auch nicht zum Spaß. Nur wegen des Rausches. Um dann gut zu ratzen.

Mit Taxi zur Pense. Mit Bier dann ins Bett. Gleich weggepennt. Bett vollgesaut. Super geschlafen. Frühstück versäumt. Mittags dann Schnitzel. Nachmittags Strudel. Abends wohl Spritzer. Im Glas und im Bett.

Donnerstag, 10. Februar 2011

Dienstag, 8. Februar 2011

Eiltick


Über „Gehen mit Kant“ hätte ich schreiben sollen. Gehen mit Kant! Gehen mit Thomas Bernhard, Paul Auster oder Friederike Mayröcker. Ja, durchaus. Aber „Gehen mit Kant“. Nein, dazu fiel mir nichts ein, ich ließ es sein. Aber jetzt, Monate später, Chance vorbei, Honorar vertan, jetzt wüsste ich natürlich wie. Gehen mit Kant? Nichts einfacher als das.

I can't go. Damit würde ich beginnen und dann der fiktiven Eingabe freien Lauf lassen. I can't go. Ich kann nicht gehen. Nein, nein, kann ich nicht, kann ich nicht. Beine, Füße alles tip-top und da. Aber gehen... Nein, gehen, geht nicht. Ich kann nur laufen. Und der Unterschied zwischen gehen und laufen ist ja sporttechnisch klar definiert. Gehen, man kennt das ja. Ein Fuß muss immer den Boden berühren. Aber diese Bodenverhaftung ist nicht mein Ding. Ich bin eher der abgehobene Typ.

Ich laufe. Ich laufe gegen Dinge. Ich laufe gegen Dinge an. Ich laufe gegen die Welt an. Aber die Uhren gehen deshalb trotzdem nicht anders. Ich kann stehen, das ja, für eine kurze Zeit, aber dann muss ich immer gleich wieder hasten, eilen, laufen. Das mag einigen als der Zeit durchaus angemessene Eigenschaft erscheinen und tatsächlich: In vielen Belangen kommt mir meine Fähigkeit beziehungsweise mein Tick auch entgegen. Aber es gibt naturgemäß auch Situationen, in denen man sich durch eiliges Verhalten automatisch verdächtig macht. In gewissen Umgebungen erwartet man sich gemächliches Schreiten, bedächtiges Wandeln oder gesetztes Stelzen. Alles nichts für mich. I can't go.

Montag, 7. Februar 2011

Berlin ich komme!


Im neuen Jahr ist dieser Blog ja bisher ziemlich brach gelegen. ABER: Das wird sich bald wieder ändern. Ich verbringe den ganzen März in Berlin und habe jede Menge Zeit, den DUM-Blog wieder ordentlich mit Texten und Fotos zu füttern. Los zu werden hab ich auch jetzt schon allerhand Angelesenes.

Jean Ziegler hält es mit Karl Kraus: Ich schieße oft über das Ziel hinaus, doch selten daneben. Außerdem mit Victor Hugo: Ich hasse alle Kirchen, ich liebe alle Menschen, ich glaube an Gott.

Ansonsten verwendet er Worte ganz gern wie Waffen: Alle fünf Sekunden stirbt auf der Welt ein Kind. Jeder sechste Mensch ist permanent unterernährt. Die Staats-Chefs der Euro-Zone haben das Budget des Welternährungsprogramms der Uno um die Hälfte reduziert, von sechs auf drei Milliarden. Im World Food Report wird erklärt, dass wir mit unserer Landwirtschaft zwölf Milliarden Menschen normal ernähren könnten. Es gibt keinen objektiven Mangel. Ein Kind, das heute an Hunger stirbt, wird ermordet. Treffend allemal.